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Angeschaut: 28 Years Later

Mit 28 Years Later gelingt Danny Boyle die Rückkehr zu seinem eigenen Mythos – und das mit erstaunlicher Wucht. Der Film, der das post-apokalyptische Erbe seiner Vorgänger 28 Days Later und 28 Weeks Later weiterträgt, fühlt sich weder wie eine nostalgische Rückschau noch wie eine krampfhafte Fortsetzung an, sondern wie eine düstere Neudefinition dessen, was ein Endzeitfilm heute sein kann.

Boyle knüpft atmosphärisch nahtlos an die rohe Intensität des ersten Films an, doch das Tempo ist anders. Bedächtiger. Reifer. 28 Years Later spielt in einer Welt, in der sich die Rage-Virus-Katastrophe längst ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat, aber ihre Spuren sind immer noch sichtbar – in Ruinen, in Menschen, in Strukturen. Der Film ist weniger ein Survival-Thriller als vielmehr ein psychologisches Drama im Gewand des Horrors, das sich mit Schuld, Trauma und der Frage auseinandersetzt, ob Zivilisation sich wirklich wieder aufbauen lässt oder ob der Mensch nur im Kreis läuft – immer auf dem Weg zur nächsten Eskalation.

Der Cast, angeführt von einer ebenso verletzlichen wie entschlossenen Hauptfigur – hier bewusst zurückhaltend inszeniert – überzeugt mit glaubwürdigen Performances. Es gibt keine Helden im klassischen Sinne, nur Überlebende, Getriebene, gebrochene Existenzen. Die Kameraarbeit ist gewohnt ruhelos, körnig, fast dokumentarisch, und sie bringt eine körperliche Nähe zum Geschehen, die unangenehm intensiv ist. Die Musik – erneut unter Mitwirkung von John Murphy – schlägt eine Brücke zwischen Erinnerung und Bedrohung, zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Der Horror in 28 Years Later entsteht weniger durch die Rage-Infizierten selbst – auch wenn ihre Auftritte noch immer für schockierende Momente sorgen – sondern durch das, was zwischen den Angriffen geschieht: das Misstrauen, das Schweigen, die Angst voreinander. Boyle inszeniert keine Katastrophe, er seziert ihren Nachhall. In einer Zeit, in der Pandemien, gesellschaftliche Risse und globale Instabilität zum Alltag gehören, trifft dieser Film einen Nerv.

Am Ende bleibt 28 Years Later ein bitteres, eindringliches Werk – kein Action-Feuerwerk, sondern ein cineastisches Nachzittern. Er stellt nicht die Frage, ob die Welt wieder heil wird, sondern ob wir überhaupt wissen, was das bedeuten würde. Ein kluger, tief verstörender und letztlich konsequenter Abschluss – oder vielleicht auch nur ein weiteres Kapitel – eines der wichtigsten Horrormythen der Gegenwart.

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