Vor genau 100 Jahren in London: Der Erste Weltkrieg ist zu Ende, nicht nur London liegt in Schutt und Asche, die Menschen müssen mit wenig auskommen und weiterhin um ihr Leben fürchten, denn die Spanische Grippe hat die Metropole an der Themse fest im Griff. Viele Menschen fallen der Pandemie zum Opfer, doch diese Epidemie ist nicht das größte Übel, was der Spieler schon bald feststellen wird. Dieser übernimmt hier die Rolle des Feldschers Dr. Jonathan Reid, der inmitten eines Massengrabes aufwacht und direkt in die Fratzen des Todes schaut. Er versteht nicht wie er an diesem Ort gelangt ist, er hat keine Ahnung, wie er an den Rand der Stadt gekommen ist. Eins weiß er – er hat Durst und er hört, wie eine Frau seinen Namen ruft. Es ist seine Schwester Mary, die er aber nicht gleich erkennt. Er wankt auf sie zu, sinkt in ihre Arme und beißt er sich an ihren Hals fest. Als sei Hunger gestillt ist und er wieder einen klaren Gedanken fassen kann, erkennt er seine Schwester die leblos in seinen Armen liegt. Er blickt in ihre starren Augen, kann sich seinen Schmerz aber nur kurz hingeben, da die Stadtwache auf ihn aufmerksam geworden ist. Ihm bleibt keine Wahl, um seinem Tod zu entgehen muss er fliehen.
Der erste Weg führt den Spieler zum Pemboke Krankenhaus, wo man auf Dr. Edgar Swansea trifft, der sehr an den Vampiren interessiert ist. Wie Jonathan auch, würde Swansea ebenfalls gerne wissen, wo die Vampire plötzlich herkommen. So macht man sich nun auf dem Weg alle vier Stadtteile Londons zu erkundigen, mit den Menschen zu reden und somit Hinweise zu sammeln. Denn die Bewohner wissen was in ihren Stadtteil los ist, sie kennen weitere Menschen die über Informationen verfügen und können so manche Tür für den Spieler öffnen. Je besser man sein Gegenüber kennt, desto besser ist sein Blut. Man sollte nie vergessen, dass man immer noch ein Vampir ist – neben seiner Stellung als Arzt. Und als Arzt muss man für das Wohlergehen der Menschen im jeweiligen Viertel sorgen, damit dieses nicht ausstirbt und die Seuche Oberhand gewinnt.
Allerdings ist das alles nicht immer so einfach, denn immer wieder tauchen weiter Vampire, andere mysteriöse Bestien und Vampir-Jäger auf, die dem Spieler das Lebe schwer machen. Glücklicherweise ist Jonathan nicht unbewaffnet und so kann man sich beispielsweise mit Sense, Pistole und Keule zur Wehr setzen. Zudem kann man einen Kampf auch gewinnen, indem man den Gegner kurzerhand das Blut aussaugt. Letzteres klappt gut bei den „normalen“ Gegnern, bei den Endgegnern, muss man dagegen größere Geschütze auffahren, denn diese sind nicht so leicht zu erledigen. Im Übrigen bekommt man für die Kämpfe Erfahrungspunkte gutgeschrieben, womit man Jonathan aufleveln kann. Während man für erledigte Kämpfe und Quests Erfahrungspunkte bekommt, kann man erst aufsteigen und auch erst Skillpunkt verteilen, wenn Jonathan schläft. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass auf jede der nächtlichen Aktion eine Reaktion erfolgt. Wenn alle Kranken ihre Medikamente bekommen haben und ihre Bedürfnisse befriedigt wurden, dann ist die kommende Nacht Ruhe angesagt. Wenn man die Bewohner des Viertels allerdings vernachlässigt und viel Menschen ausgesaugt hat, könnte die Nacht im Chaos versinken.
Werfen wir noch einen Blick auf die technische Seite im Spiel. Die Grafik hat uns gut gefallen, das London in der Nachkriegszeit wird sehr authentisch dargestellt. Dazu kommen die unterschiedlichen Charaktere, die mit vielen Details versehen sind. Das London bei Nacht ist düster und voller Nebel, teilweise regnet es und bietet dann ein komplett anderes Bild. Es macht Spaß sich durch die engen Straßen zu bewegen und zu versuchen, von den Menschen Informationen zu bekommen. Zwar ist keine deutsche, sondern nur eine englische Sprachausgabe vorhanden, die deutschen Untertitel schaffen es aber die Geschichte zum Spieler zu bringen. Die Effekte und Geräusche schaffen zusammen mit der Musik eine tolle Atmosphäre, so dass es an der technischen Seite nichts auszusetzen gibt.
Im Ganzen gesehen bekommen die Spieler mit „Vampyr“ aus dem Hause Focus Home Interactive ein tolles Rollenspiel der Entwickler von "Life is Strange" und "Remember Me" geboten. Die Vampir-Geschichte wird hier sehr gut erzählt, die Kämpfe machen Spaß. Das man überlegen muss, wie man reagiert, welche Reaktion eine Aktion haben könnte, führt zu nicht vorhersehbaren Wendungen, so dass keine Langweile vorhanden ist. Wer die Mischung aus Rollen- und Actionspiele mag, kann mit „Vampyr“ keinen Fehler machen.
(sk)
